Am Sonntagmorgen, dem 9. November 2025, nahm das Anne-Frank-Gymnasium Werne mit Mitgliedern der WEREmember-AG an der städtischen Gedenkfeier zur Reichspogromnacht von 1938 teil. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger hatten sich am Standort der ehemaligen Synagoge in der Marktpassage versammelt, um an die Gewalt und den Schrecken jener Nacht zu erinnern, in der auch in Werne jüdisches Leben zerstört wurde.
In diesem Jahr fand die Gedenkfeier – anders als in den Vorjahren – am Vormittag statt, da der 9. November zugleich mit dem Martinsmarkt und der Martinsfeier zusammenfiel. Diese bewusste Vorverlegung sollte dem stillen Charakter des Gedenkens gerecht werden. Erstmals als Bürgermeister von Werne hielt Lars Hübchen eine bewegende Rede, in der er den 9. November als Tag mit vielen Facetten beschrieb – als Tag des Schreckens, aber auch als Tag der Hoffnung. Er erinnerte daran, dass an diesem Wochenende Kinder mit ihren Laternen durch die Stadt ziehen, Licht und Wärme verbreiten, während am selben Tag an eine Nacht erinnert wird, „in der Fenster zerschlagen, Häuser geplündert, Nachbarn gehetzt und ermordet wurden, in der Synagogen brannten und das Menschliche selbst in Flammen stand.“
Er betonte, dass jüdisches Leben einst selbstverständlicher Teil der Stadt Werne war – bis es durch die Nationalsozialisten ausgelöscht wurde. „Nur wenige Orte in Werne erinnern heute noch sichtbar daran, dass es einst lebendiges jüdisches Leben hier gab: die Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge und der jüdische Friedhof an der Südmauer“, so Hübchen. „Wie sähe unsere Stadt wohl aus, wenn die Heimanns, Salomons, Gumperts und viele andere Familien weiterhin Teil von Werne geblieben wären? Wir haben nicht nur Menschen verloren, sondern auch einen Teil unserer kulturellen und geistigen Vielfalt.“ Der Bürgermeister bezeichnete die Pogromnacht als „Fanal“, als den Übergang von Diskriminierung zu Deportation, als Auftakt zur Shoah. Zugleich schlug er den Bogen in die Gegenwart: Antisemitische Vorurteile und Hetze seien wieder lauter geworden, Menschen fühlten sich als Jüdinnen und Juden erneut unsicher – auch in Deutschland.
Schon seit vielen Jahren begleiten die Schülerinnen und Schüler des Anne-Frank-Gymnasiums die städtische Gedenkveranstaltung – allen voran die Mitglieder der WEREmember-AG. Sie setzen sich aktiv mit der Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus in Werne auseinander und tragen dazu bei, Erinnerungskultur lebendig zu halten.
Zum Abschluss stellten alle Anwesenden ihre Kerzen mit der Aufschrift „Werne — gegen das Vergessen“ vor dem Gedenkkranz ab – ein stilles, aber eindrucksvolles Zeichen dafür, dass Erinnerung, Menschlichkeit und Zivilcourage Werte sind, die auch kommende Generationen am Anne-Frank-Gymnasium bewahren.



von Johannes-Joachim Brysch